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Rüdesheim
Rüdesheim gehört zu den international bekanntesten Orten am Rhein. Die berühmte Drosselgasse ist ein fester Programmpunkt auf den Tourplänen in jeder erdenklichen Sprache, aber natürlich ist sie nur eine der vielen Sehenswürdigkeiten dieser uralten und malerischen Stadt.
Die ersten Einwohner siedelten sich vor rund 2.500 Jahren an, weit über einhundert Grabhügel geben davon Zeugnis. Sie waren offenbar keltischer Herkunft. Mit Ankunft der Römer entstanden in und um Rüdesheim Landgüter, ein römisches Rebschnittmesser, um 1900 ausgegraben, beweist, dass hier seit 2000 Jahren Weinbau betrieben wurde, der bis heute die wirtschaftliche Grundlage Rüdesheims blieb. Im 3.-4. Jahrhundert wanderten Franken vom Niederrhein in den Rheingau ein, die nach dem Abzug der Römer im 5. Jahrhundert die Führung übernahmen. Spätestens seit dem 8. Jahrhundert wurde der Rheingau zu einem eigenen Verwaltungsbezirk, der von den Rheingrafen geführt wurde. Auf diese geht die Errichtung der Niederburg zurück. Urkundlich wird Rüdesheim erstmals 1074 erwähnt. Die Rheingrafen gerieten aber bald in Konkurrenz zum geistlichen Adel in Gestalt der Erzbischöfe von Mainz. Durch Schenkungen und Kauf wurden sie hier zu Großgrundbesitzern und verdrängten 1279 schließlich die Rheingrafen endgültig aus dem Rheingau. Der Rüdesheimer Adel wurde in Mainzer Dienste übernommen und der Erzbischof übernahm die Niederburg als Amtssitz. Mainz erhob in Rüdesheim einen eigenen Zoll, um 1220 lohnte sich bereits der Bau der Zollburg Ehrenfels oberhalb des Binger Loches. Somit ging die Niederburg zurück an die Herren von Rüdesheim, ab 1279 als Lehen mit der Auflage, die Burg ständig in wehrfähigem Zustand zu erhalten. Die weitläufige, bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts mehrfach erweiterte und verstärkte Burganlage erstreckte sich bis hin zur heutigen Amselgasse. Durch Schenkungen, Verkauf und Erbschaften teilte sich der Besitz immer weiter auf, so dass die Familienzweige des Ortsadels ihre eigenen Burgsitze erbauten, die Oberburg für die »Füchse« und das ehemals fränkische Herrenhaus Brömserhof für die »Brömser«, sowie die Vorderburg, die mit ihrem weiten Mauerring die ganze Westseite des Marktplatzes einnahm. Der Kern der bürgerlichen Altstadt ist nördlich des Marktplatzes zu suchen. Rüdesheim lebte vom Weinbau, und das nicht schlecht. Der Reichtum führte immer wieder zu kriegerischen Überfällen und Zerstörungen. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde die Ringmauer als Stadtbefestigung erweitert und durch mehrere Türme verstärkt, von denen nur der Adlerturm als ehemaliger Pulverturm erhalten blieb.
Für den wachsenden Schiffsverkehr war Rüdesheim wichtig, denn hier endete die Landstraße und aller Verkehr rheinabwärts musste auf Schiffe umsteigen, so fanden die Rüdesheimer Arbeit genug, und erste Gasthöfe entstanden. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Rüdesheim völlig verwüstet, auch die Burgen wurden zu Ruinen, es folgten jahrhundertelange Streitigkeiten und Erbfolgekriege. 1806 endete die Mainzer Herrschaft, der Rheingau kam zum Herzogtum Nassau. Rüdesheim wurde Metropole eines eigenen Amtes und erhielt 1818 offiziell die Stadtrechte. 1825 landete das erste Dampfschiff und 1856 fuhr die erste Eisenbahn. Das beflügelte Handel und Touris-mus. Rüdesheim wuchs. 1842 entstand die erste Sy-nagoge, 1862 wurde ein Got-teshaus für die evangelische Kirchen-gemeinde errichtet und die Gasbeleuchtung eingeführt. Mit der Eingliederung nach Preußen 1867 wurde Rüdesheim Kreisstadt. Ein weiterer Einschnitt, aber auch Aufschwung für den Tourismus war der Bau des Nationaldenkmals auf dem Niederwald in den Jahren 1877–83. 1939 kam durch Eingemeindung das benachbarte Weindorf Eibingen hinzu, wo vor mehr als 700 Jahren die Heilige Hildegard ein Kloster gegründet hatte. Ihre Reliquien befinden sich noch heute in der Eibinger Pfarrkiche. 1944 zerstörte ein schwerer Bombenangriff weite Teile der Stadt und forderte über 200 Tote. 1977 siedelte die Kreisverwaltung von Rüdesheim nach Bad Schwalbach über, Assmannshausen, Aulhausen und Presberg wurden eingemeindet. Eine Autofähre verbindet die Stadt mit Bingen. Zu den Spezialitäten der Region gehören außer Wein auch Sekt und Weinbrand. Thomas Manns »Felix Krull« stammt nicht zufällig von hier.
Von der Stadtmauer ist nur noch der Adlerturm übrig. Er stammt aus dem 15. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert befand sich darin das Gasthaus »Zum Adler«, wo Goethe mehrmals während seiner Rüdesheimer Aufenthalte wohnte. Die Katholische Pfarrkirche St. Jakobus am Marktplatz wurde nach der Zerstörung 1390 von den Rittern Brömser neu erbaut. Die Turmspitze zieren Halbmond und Stern. Eine fromme Legende bringt dies in Zusammenhang mit den Kreuzzügen an welchen die Brömser teilgenommen hatten. 1944 zerstört, wurde sie in rheinischem Bruchstein-Mauerwerk wieder aufgebaut. Interessant sind die mittelalterlichen Bildnisgrabsteine des Rüdesheimer Adels im nördlichen Seitenschiff. Das gotische Tympanon am Westportal fasst Jesu Leben in Gestalt von Anbetung der drei Könige und Schweißtuch zusammen. In der Turmkapelle finden wir das Gnadenbild »Noth Gottes« aus dem 14. Jahrhundert, die Marienkapelle beherbergt eine Madonna mit Kind von 1330. Der Hauptaltar umfasst Skulpturen des 16. bis 18. Jahrhunderts. Die evan-gelische Kirche am anderen Ende der Kirchstraße war die erste im Rheingau.
Der Klunkhardshof ist ein beeindruckender, zweigeschossiger Fachwerkbau aus dem frühen 16. Jahrhundert. Weitere Adelshöfe finden sich in der Oberstraße, so der Frankensteiner Hof, der Ritter’sche Hof und der Bassenheimer Hof. Der 1542 erbaute Brömserhof mit seinem charakteristischen, spätgotischen Fachwerkturm enthält eine gotische Kapelle und den Ahnensaal mit herrlichen Fresken. Heute beherbergt er »Siegfrieds Mechanisches Musikkabinett«, eine der größten privaten Sammlungen selbst spielender Musikinstrumente.
Unterhalb verläuft die nur 144 Meter lange Drosselgasse mit ihren Lokalen. Vielleicht ist sie wirklich die »berühmteste Gasse der Welt«, sicherlich eine der vollsten. Die Oberburg, auch Boosenburg genannt, gehörte den Boos von Waldeck. Entstanden wohl schon im 9. Jahrhundert, beherrscht heute der romanische Bergfried von 38 Metern Höhe die Kulisse der Stadt. Das schlossähnliche, neugotische Wohngebäude stammt von Philipp Hoffmann. Das Anwesen befindet sich in Privatbesitz und ist nicht zu besichtigen. Darunter liegt die Niederburg oder Brömserburg. Sie steht wohl schon auf den Grundmauern eines römischen Kastells. Vom Anfang des 10. bis Anfang des 19. Jahrhunderts war sie im Besitz der Erzbischöfe von Mainz, die den alten Wehrbau im 12. Jahrhundert zur Zoll- und Wohnburg umbauen ließen. Früher unmittelbar am Rhein gelegen und mit diesem verbunden, war sie vollständig von Wasser umgeben. Die mehr als zwei Meter starken Mauern trotzten allen Angriffen. 1803 säkularisiert, kam sie in den Besitz der Grafen von Ingelheim, die sie rheinromantisch-wohnlich umgestalteten. Schließlich wurde die Burg im Jahre 1941 von der Stadt erworben. Heute sind hier die umfangreichen und äußerst sehenswerten Sammlungen des Rheingauer Weinmuseums zu bestaunen. Die dritte Burg, Burg auf der Lach genannt, wurde schon um 1300 zerstört, einige Spuren wurden östlich des Ortes entdeckt. Von der vierten, der Vorderburg, blieb nur ein Turmstumpf nahe des Marktes. In der Grabenstraße findet sich ein etwas kurioses Museum, das Mittelalterliche Foltermuseum nämlich, es zeigt auf 500 Quadratmeter Ausstellungsfläche Objekte zur Rechtsgeschichte des Mittelalters und der Zeit der Hexenverfolgung.
Oberhalb von Rüdesheim reckt sich unübersehbar das Niederwalddenkmal in die Landschaft. Errichtet wurde es 1877–1883 zur Erinnerung an die Einigung des Deutschen Reiches nach Plänen des Architekten Weisbach und des Bildhauers Johann Schilling. Germania thront auf einem 25 m hohen Sockel zwischen den Figuren Krieg und Frieden. Das Bronzerelief zeigt in lebensgroßen Figuren die beteiligten Persönlichkeiten, u.a, Kaiser Wilhelm I., Bismarck, Prinz Friedrich Wilhelm. Den Fuß des Sockels bildet Vater Rhein, der Tochter Mosel ein Signalhorn für die »Wacht am Rhein« überreicht. Zu Fuß kann man das Niederwalddenkmal in 45 Min erwandern oder bequem mit der Kabinenseilbahn hinauffahren. Der Ausblick ist sensationell, falls man es schafft, der kolossalen Germania den Rücken zu kehren. Nur wenige Gehminuten vom Denkmal entfernt befindet sich die künstliche Ruine Rossel, von deren Turm sich ebenfalls eine schöne Rundum-Aussicht bietet. Ganz in der Nähe liegt auch das Jagdschloss Niederwald, 1764 unter Graf Karl Maximilian von Ostein erbaut und 1924 nach einem Brand neu als Hotel erstanden. Im dazu gehörigen Waldpark lohnt ein Besuch der Zauberhöhle mit ihren überraschenden Ausblicken.
Im Ortsteil Eibingen befindet sich auf den Fundamenten des ehemaligen, 1165 von Hildegard von Bingen gegründeten Klosters die Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Hildegard. 1632 zerstörten die Schweden das Kloster Rupertsberg, so dass die Reliquien der Heiligen hierher überführt wurden. Der Hildegardis-Schrein ist alljährlich am 17. September, dem Todestag Hildegards, Ziel vieler Wallfahrer. Weiter oben liegt die 1900 bis 1904 erbaute Abtei St. Hildegard, deren Kirche 1907 bis 1913 von Pater Paulus Krebs ganz im Beuroner Stil ausgemalt wurde, ein einmaliges Zeugnis dieser Richtung.
Natürlich gibt es umfangreiche Angebote zu Aktivitäten, Wandern, Fahrten mit dem Winzerexpress, das Ponyland, Schiffstouren und vieles mehr.
Sportliche Aktivitäten wie Tennis, Reiten und Minigolf sind möglich. Außerdem gibt es ein Hallenbad und ein beheiztes Schwimmbad in den Rheinanlagen.
Ein besonderer Tipp: Das Asbach Besucher Center in der Ingelheimer Str. 4 mit Multivisionsshow, Destillerie und Verkostung.
Zwischen Rüdesheim und Assmannshausen liegt die Ruine der Burg Ehrenfels malerisch auf einem Felsvorsprung. Sie ist, sozusagen, die Idealruine der Romantik, und wenn man sie sieht, kann man sich ihrem Zauber wirklich nicht entziehen. Anfang des 13. Jahrhunderts wurde sie von Philipp von Bolanden im Auftrag des Erzbischofs Siegfried von Mainz auf halber Höhe des Berges, am Eingang des Binger Lochs erbaut und bildete mit der gegenüberliegenden Burg Klopp und dem gleichzeitig errichteten Mäuseturm einen Sperriegel und eine gut funktionierende Zollanlage. Der Ehrenfelser Zoll war eine wesentliche Einnahmequelle für das Erzbistum. Nachdem sie die Burg Mitte des 14. Jahrhunderts beträchtlich ausgebaut hatten, zogen sich die Mainzer Erzbischöfe hierher zurück und verwahrten auf Ehrenfels den Schatz des Erzstiftes. Das unterhalb gelegene Zollhaus wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört. Auch die Burg wechselte während des Krieges dauernd den Besitzer. Während der pfälzischen Erbfolgekriege wurde sie 1689 zerstört, einzig die mächtige Schildmauer (immerhin 20 Meter lang und über vier Meter stark) und die beiden Türme waren nicht klein zu kriegen. Bis 1803 blieb die Ruine in Mainzer Besitz, danach ging auch sie an Nassau und 1866 an Preußen. Seit 1945 gehört sie dem Land Hessen.
Der Stadtteil Assmannshausen ist mit Recht berühmt für seinen Rotwein. Die Rheinfront wird geprägt von Hotelbauten des späten 19. Jahrhunderts. Freiligrath dichtete in der »Krone«, Geibel auch und Bismarck machte Urlaub. Von den Weinbergen oberhalb hat man einen großartigen Blick auf den Ort und, auf der anderen Rheinseite, Burg Rheinstein.
Die erste Erwähnung stammt aus dem Jahre 1108, als der Mainzer Erzbischof Ruthard dem Kloster Dissibodenberg einen Weinberg in der Gemarkung Hasemanneshusen schenkte. Daraus wurde Hasemannshausen, dann Assmannshausen. Der Ort dürfte fränkischen Ursprunges sein und besass ab 1325 einen Pfarrer und ab 1361 ein eigenes Schöffengericht. 1491 wurde unter Kurfürst Berthold von Henneberg die starke Ringmauer errichtet, die gegen Feinde und Eisgang gleichzeitig nützlich war. Teile davon sind noch zu finden. Der Turm der Kirche diente gleichzeitig zur Befestigung. Warme Quellen und der Abbau von Blei und Silber bescherten Einnahmen. Besonders im 19. Jahrhundert führten die Heilquellen zu regem Kurbetrieb. Im Ort selbst lohnt die spätgotische Kirche »Zur Kreuzerhöhung« vom Ende des 15. Jahrhunderts, erweitert im 19., den Besuch, die Altartafel und eine Madonna stammen noch aus dem 15. Jahrhundert.
In Assmannshausen gibt es natürlich historische Gaststätten, in denen der ausgezeichnete Spätburgunder der Weinlage »Höllenberg« verkostet werden kann. Außerdem bietet die reizvolle Umgebung Wandermöglichkeiten mit schönen Aussichtspunkten und Sportarten wie Reiten und Segelflug.
(Textfassung aus »Der romantische Rhein«von Thomas Krämer, © Rhein-Mosel-Verlag)
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