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Königswinter
Königswinter ist als Ausgangspunkt für den Siebengebirgs-Tourismus seit den Zeiten der Rheinromantik berühmt. Aber man sollte nicht das Ziel mit dem Weg verwechseln, auch die Stadt selbst hat viel zu bieten.
Die Geschichte des Gebietes zwischen Rhein und Pleisbach reicht weit zurück. Hinweise auf ein fränkisches Königsgut gibt nicht nur der Schutzpatron Remigius. Im Jahre 1015 wurde Winetre zum ersten mal benannt. Aus der Bezeichnung Winetre, vinitorium lässt sich schließen, dass der Weinbau schon damals in der Gegend verbreitet war. 1342 wird zum erstenmal von Königswinter gesprochen. Seit dem 11. Jahrhundert regierte der Kölner Erzbischof, beziehungsweise seine Grundbesitzer vor Ort. Der Ort hatte zwar eine schützende Mauer, aber keine Stadtrechte. Wein, der Rheinstrom und Steinbrüche sicherten das Einkommen. 1689 brannte auch Königswinter, was das Fehlen älterer Bausubstanz erklärt. Hier kamen zwei interessante Vertreter des 19. Jahrhunderts zur Welt: der Nazarener Franz Ittenbach (1813–1879) und der Dichter Wolfgang Müller (von Königswinter), (1816–1873), dem die Vaterstadt ein Denkmal widmete.
Die Pfarrkirche St. Remigius, ehemalige Hofkapelle, ist ein klassizistischer Bau, der an Stelle des romanischen 1779/80 errichtet wurde. Ihre Ausstattung ist bis auf den Hochaltar allerdings neobarock. An der Hauptstraße sind mit dem Jesuitenhof und dem Haus im Tuback zwei Fachwerkbauten des 17. Jahrhunderts, sowie diverse schöne Steingebäude erhalten. Der Heisterbacher Hof am Rhein wurde Mitte des 18. Jahrhunderts als Residenz für den Abt von Heisterbach erbaut. Das Siebengebirgsmuseum in einem stattlichen Bau des 18. Jahrhunderts informiert über Geologie und Heimatkunde. Lohnend ein Ausflug nach Oberpleis: die ehemalige Propsteikirche der Benediktiner St. Pankratius stammt aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Sie beherbergt das Dreikönigenrelief aus der Zeit um 1150, ein besonders schönes Beispiel für die Plastik der Hochromanik.
Das Siebengebirge ist nicht nur ein eindrucksvolles Panorama der Mittelrheinlandschaft mit markierten Wanderwegen, Ruhebänken und Schutzhütten, Wald- und Berggaststätten, sondern auch eines der ältesten Naturschutzgebiete Deutschlands. Zum Glück, sonst hätten die Steinbrüche die Berge wohl vollends aufgezehrt. Zum Siebengebirge zählen neben dem Drachenfels (321 m) der Ölberg (460 m), die Löwenburg (455 m), der Lohrberg (435 m), der Nonnenstromberg (326 m), der Petersberg (321 m) und die Wolkenburg (324 m).
Auf der Löwenburg finden sich nur noch Spuren der gleichnamigen Burganlage des 13. Jahrhunderts, obwohl hier bis zur Übernahme durch die Grafen von Berg der Herrschaftsmittelpunkt des Gebietes Honnef lag. Auch die Wolkenburg aus dem 12. Jahrhundert wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört, ihre Reste fielen den fleißigen Steinbrechern zum Opfer. Der Petersberg ist berühmt für das gleichnamige Hotel, während der Bonner Republik Gästehaus der Bundesregierung. Aber auch ein Ringwall der späten Latènezeit findet sich hier, und mit der Peterskapelle die Keimzelle des Klosters Heisterbach.
1192 zogen die Zisterzienser, die aus der Abtei Himmerod in der Eifel gekommen waren, von hier ins Heisterbacher Tal, wie es ihre Ordensregel vorschrieb, und gründeten ein neues Kloster. 1202 begann der Bau, 1237 war er vollendet, und wenn wir heute vor dem stehen, was Zerstörung, Säkularisation und Abbruch übrig gelassen haben, die Apsis nämlich, geraten wir ins Staunen, vielleicht auch ins Träumen. Ruinenbegeisterung hin oder her, diese muss man gesehen haben.
Der bekannteste der Berge aber ist natürlich der Drachenfels. Zahlreiche Sagen ranken sich um den Berg und seinen einstigen, feuerspeienden Bewohner, so ist es kein Wunder, dass man ihn bald in Verbindung mit der Siegfried-Erzählung bringt. »Gipfel« vor dem Gipfel ist hier die Nibelungenhalle im Jugendstil von 1913 mit Gemälden nach Wagners Motiven von Hermann Hendrichs. Nicht nur für Kinder interessant sind der Reptilienzoo und die Drachenhöhle inklusive 13 Meter langem Drachen. Aber beginnen wir oben.
Burg Drachenfels wurde im 12. Jahrhundert errichtet, der Kölner Erzbischof Arnold I. schützte mit ihr sein Territorium und den Handelsweg Richtung Westerwald. Im 15. Jahrhundert wurde die Burg erweitert und im Dreißigjährigen Krieg zerstört. Der dreigeschossige Bergfried ist noch gut erhalten. Auch hier taten die Steinbrecher ihre Arbeit so gut, dass es 1831 zur Enteignung des Geländes durch Kronprinz Friedrich Wilhelm kommen musste, um wenigstens den Rest der Ruine zu erhalten. Denn längst war der Drachenfels zum beliebten Ziel geworden. Ruinenromantik und weiter, herrlicher Rundblick in das Rheintal und über das Siebengebirge bis zur Eifel, nach Bonn und Köln, das lockte. Lord Byron, Longfellow, die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm, nur Tourist Heinrich Heine blieb gewohnt spöttisch.
Heine hatte Pech, das erste Gasthaus in der Ruine eröffnete erst 1836. Dennoch, der Aufstieg wurde organisierter, zuerst mit Eseln, dann, 1883, mit einer Zahnradbahn. Und der Besucherstrom wuchs und wuchs. Heute ist der Drachenfels der meistbestiegene Berg Deutschlands. – Mindestens. Das machte auch dem Bergkegel zu schaffen. Er drohte abzubröckeln, wurde in den 1970er Jahren mit Beton gesichert.
Auf halbem Wege abwärts steht die Drachenburg, Stein gewordene (Spät-)Romantik. Ein zu Geld gekommener und zum Baron beförderter Börsenmakler und Bankier, Stephan Sarter (1833–1902) gab das Getüm in Auftrag, 1884 war es fertig. Verantwortlich zeichnete auch hier Wilhelm Hoffmann. Gemälde und Glasfenster (leider nicht mehr vorhanden) feierten und feiern die deutsche Geschichte und das deutsche Kunsthandwerk. Sarter zog nie ein, aber seit 1903 darf die Öffentlichkeit sich wundern.
(Textfassung aus »Der romantische Rhein« von Thomas Krämer, ©Rhein-Mosel-Verlag)