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Köln
Köln verdankt seinen einzigartigen Charme 2000 Jahren Geschichte. Altes wurde bewahrt, aber die Stadt versteckt auch nicht die Wunden, die ihr die Zeit geschlagen hat, sondern sie zeigt sie her, gefüllt mit Neuem. Eine Million Einwohner aus einhundert Nationen, eine solche Vielfalt prägt. Dieser gleichzeitig intime wie großstädtische Charakter ist es, der fasziniert.
Natürlich kann hier nur ansatzweise all das dargestellt werden, das sehens- und erlebenswert ist. Aber vielleicht genügt das auch, denn den Rest muss man vor Ort selbst erfahren. Der Name Köln geht auf die römische Kaiserin Agrippina zurück. Die Gattin und Nichte des Kaisers Claudius wurde im Oppidum Ubiorum, dem benachbarten Dorf der verbündeten Ubier, geboren und ließ »Colonia Claudia Ara Agrippinensium« im Jahre 50 n. Chr. zur Stadt erheben.
Claudius fiel seiner Frau zum Opfer, er stand dem gemeinsamen Sohn Nero im Weg, die Folgen sind bekannt. Köln wird zur Hauptstadt Niedergermaniens, wächst und gedeiht und hat im 3. Jahrhundert bereits 20000 Einwohner, wird 260 sogar kaiserliche Residenz.
Konstantin der Große lässt 310 eine Brücke über den Rhein errichten, drei Jahre später ist der erste Bischof in Köln nachweisbar und bald darauf die erste christliche Kirche, deren Reste unter St. Severin liegen. 456 erobern die Franken die Stadt und zerstören sie. Später wird Köln zur Residenz Karl Martells. 758 folgt unter Karl dem Grossen die Erhebung zum Erzbistum. Seit dem 12. Jahrhundert führte Köln als vierte christliche Metropole neben Jerusalem, Byzanz und Rom die Bezeichnung »Sancta« (Heilig) im Stadtnamen.
Rainald von Dassel, Reichskanzler und Kölner Erzbischof, überführt 1164 die Reliquien der Heiligen drei Könige nach Köln. Für sie sollte eine mächtige Kathedrale als Grabeskirche errichtet werden. Die Grundsteinlegung des Kölner Doms findet am 15. August 1248 statt, vollendet wurde er jedoch erst 1880, nachdem die Bauarbeiten Mitte des 16. Jahrhunderts eingestellt worden waren. Die erstarkten Kölner Bürger schlagen 1288 das erzbischöfliche Heer in der Schlacht bei Worringen und vertreiben damit den Erzbischof als weltlichen Herrn aus der Stadt. So ergab sich das Kuriosum, dass die Residenz des Kölner Erzbischofs sich nicht in Köln, sondern letztlich in Bonn befand.
Später spielt Köln als Hansestadt eine wichtige Rolle und erhält 1360 die Messerechte. Nach 1388 erfolgt die Gründung der Universität, 1396 geben sich die Kölner Zünfte eine eigene Verfassung mit Bürgermeister und Stadtrat. Auf den Status der Freien Reichsstadt muss die Stadt aber noch bis 1475 warten. Mit Auflösung der Hanse Ende des 15. Jahrhunderts verliert Köln seine herausragende Bedeutung. Mit der kampflosen Besetzung durch die französische Revolutionstruppen endet 1794 die Geschichte des »Heiligen Köln«, die Universität wird geschlossen, der kirchliche Besitz eingezogen, Klöster und Kongregationen säkularisiert. 1815 kommt Köln an Preußen, es steigt wieder auf. 1822 folgt der Bau der Rheinbrücke, ein Jahr später findet der erste Rosenmontagszug statt, und auch die Industrialisierung boomt. Felten & Guillaume, die Schokoladenfabrik Stollwerck oder die Kölner Humboldt Deutz AG werden gegründet. Köln wird Verkehrsknotenpunkt: seit 1839 verkehrt im Rheinland die Eisenbahn, 1859 werden der neue Hauptbahnhof und die Eisenbahnbrücke eröffnet, der Kölner Hafen wird ausgebaut.
Dem Wachstum der Stadt fallen ab 1861 die mittelalterlichen Stadtmauern zum Opfer, an ihrer Stelle entstehen die Kölner Ringe als repräsentative Boulevards. Den enormen Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges folgte der Wiederaufbau und die Entwicklung zur modernen Millionenstadt. Köln ist heute eine der führenden Kulturstädte Europas, eine der Medien-Metropolen Deutschlands, Messestandort mit Weltrang und die bewegte Vergangenheit ist ebenso allgegenwärtig wie die deutlichen Zeichen für den Weg in das 21. Jahrhundert.
Das Wahrzeichen der Stadt ist der Dom St. Peter. Die gotische Kathedrale ist bereits der fünfte Bau an diesem Ort seit 800. Die fünfschiffige Basilika mit dreischiffigem Querhaus und siebenteiligem Chorschluss hat beeindruckende Maße: Langhaus: 144 m lang und 60 m breit; Querhaus: 86 m lang; Gewölbehöhe: 44 m; Westtürme: 160 m hoch; Bodenfläche: 6170 qm. Nach der Grundsteinlegung im Jahr 1248 und flottem Beginn kamen die Bauarbeiten allmählich zum Erliegen. Erst die romantische Mittelalter-Begeisterung des 19. Jahrhunderts und das Engagement des preußischen Königshauses setzten die Bauarbeiten 1842 wieder in Gang. 1880 wurde seine Vollendung dann auch als nationales Ereignis gefeiert.
Neben der überwältigenden Architektur enthält der Dom eine Fülle an bedeutenden Kunstschätzen. Der Drei Königen-Schrein aus dem Jahre 1230 bildet das Zentrum, er thront im Chorraum, links davon findet sich mit dem Gerokreuz die älteste überlebensgroße Plastik des Mittelalters, es wurde um das Jahr 1000 geschaffen. Das Hochgrab Konrads von Hochstaden von 1261, die Schatzkammer mit dem Domschatz, die reiche, skulpturale Ausstattung und die aus allen Bauphasen stammenden Fenster, vor allem aber die Altäre sind es, die selbst den eiligsten Touristen zu staunender Ruhe und Betrachtung zwingen. Der herrliche Klarenaltar aus dem 14. Jahrhundert und Stefan Lochners dreiteiliger Flügelaltar der Kölner Stadtpatrone von 1445 sind Spitzenwerke der Malereigeschichte. Aber auch das 19. Jahrhundert ist hochrangig vertreten, so mit Overbecks riesiger »Himmelfahrt Mariens« von 1855. Man könnte, man sollte vielleicht Tage in diesem Bau verbringen, um ihn in angemessener Weise auf sich wirken zu lassen, am besten besucht man ihn früh, wenn die stetigen Touristenströme ihn noch nicht erreicht haben.
Überhaupt ist Köln eine Stadt der Kirchen. Wie in keiner anderen deutschen Stadt finden sich hier auf engstem Raum zwölf große romanische Stifts- und Klosterkirchen, die zu den bedeutendsten Westeuropas zählen: St. Cäcilien, heute Heimat des Schnütgen Museums, St. Pantaleon mit seinem herrlichen Lettner und dem Grab der Kaiserin Theophanu, St. Maria im Kapitol mit den dort bewahrten hölzernen Türflügeln des 11. Jahrhunderts und der ungewöhnlich reichen Ausstattung, St. Georg, St. Gereon mit dem Dekagon und seiner gewaltigen Kuppel, St. Ursula mit der wundervollen »Goldenen Kammer«, ein begehbares Reliquiar mit Reliqienbüsten und Ornamenten aus Gebeinen, St. Severin, Groß St. Martin, unübersehbar mitten in der Altstadt am Rhein, St. Aposteln mit ihrer stilvollen, modernen Ausstattung, St. Andreas, St. Maria Lyskirchen mit den Gewölbemalereien des 13. Jahrhunderts, und St. Kunibert mit romanischen Glasfenstern und der prächtigen Verkündigungsgruppe. Es empfiehlt sich, genügend Zeit mit zu bringen, um diese wirklich einmalige Konzentration bedeutender Bauten zu besuchen, man wird dafür mit unvergesslichen Eindrücken belohnt. In den Kirchen finden regelmäßig Konzerte statt. Die gotische Minoritenkirche, sowie St. Peter, die barocke Pracht von St. Mariae Himmelfahrt, St. Maria in der Kupfergasse, die Fronleichnamskirche und die Elendskirche St. Gregor, nein, das sind noch immer nicht alle der sehenswerten Kirchenbauten der Stadt, über die allein sind schon dickere Bücher als dieses geschrieben worden, ich kann da nur auf das gut aufbereitete Prospektmaterial der Stadt verweisen und Ihre Entdeckerfreude ansprechen.
Museen hat Köln ebenfalls in Fülle. Das Römisch-Germanische Museum am Dom zeigt eine Fülle herausragender Funde aus der Stadtgeschichte, besonders beeindruckt das Dionysos-Mosaik. Das Museum Ludwig gleich daneben zeigt in interessanter Architektur eine der bedeutendsten Sammlungen moderner Kunst, das Wallraff-Richartz-Museum beherbergt in seinem Neubau beim Gürzenich die Kunst des Mittelalters bis 1900. Das schon erwähnte Schnütgen-Museum bietet christliche Kunst, weiter gibt es das Stadtmuseum, das Schokoladenmuseum (Imhoff-Stollwerck-Museum), das Kunstgewerbemuseum, Völkerkundemuseum, Museum für Ostasiatische Kunst und viele mehr.
Unter dem Rathaus wurden die Fundamente der Residenz des römischen Statthalters (1.-4. Jahrhundert) freigelegt. Das Rathaus wurde um 1330 erbaut, die Renaissancelaube im 16. Jahrhundert und der Turm im 15. Jahrhundert angefügt. Der Gebäudekomplex wurde während des Zweiten Weltkrieges schwer beschädigt und bis 1972 wieder hergerichtet.
Gegenüber befindet sich unter Glas die Mikwe der ehemaligen jüdischen Gemeinde, die 1424 aus der Stadt vertrieben wurde. Der Gürzenich, 1437-44 als Tanz- und Kaufhaus entstanden, ist bis heute die gute Stube Kölns.
Mit dem Severinstor, dem Eigelsteintor und dem Hahnentor sind drei der insgesamt zwölf Torburgen der mittelalterlichen Stadtbefestigung (1180 - 1220) erhalten und werden heute noch zu unterschiedlichen Zwecken genutzt. Die kleinere Ulrepforte und restaurierte Teile der Stadtmauer finden sich am Sachsenring. In der Rheingasse hat mit dem Overstolzenhaus ein Wohnhaus des 12. Jahrhunderts überlebt. Das 20. Jahrhundert ist ebenfalls mit interessanten Bauten vertreten, und der Mediapark weist weit in die Zukunft hinein. Seit 1989 entstand auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofes Gereon in unmittelbarer Citynähe ein Ort für 250 Unternehmen und Bildungsträger aus der Musik-, Kultur- und Kommunikationsbranche mit ca. 5.000 Beschäftigten. Es gibt ein Kino, ein Hotel, Shops, Gastronomie und 250 Wohnungen, eingebettet in eine Parklandschaft. Denn Köln ist mit Recht stolz auf seinen Ruf als »Medienstadt«.
Neben dem Westdeutschen Rundfunk sitzen hier die Sender RTL, die Musiksender VIVA, Viva Plus und Onyx. Die Musikmesse PopKomm zählt zu den wichtigsten ihrer Art. Mit EMI Electrola ist seit 1952 einer der bedeutendsten Musikkonzerne in Köln ansässig. Darüber hinaus gibt es sieben Tageszeitungen, drei monatlich erscheinende Stadtmagazine und eine Vielzahl von Wochenblättern. 99 Zeitschriften-Verlage und der DuMont Buchverlag, Kiepenheuer & Witsch, der Benedikt Taschen Verlag und die Verlagsgruppe Lübbe, eine solche Konzentration von Printmedien spricht wohl für sich. Der alljährliche »Bücherherbst« am Neumarkt und das Literaturhaus im Mediapark bringen die Literatur in die Stadt.
Und Köln ist eine Kunststadt. Neben den erwähnten Museen bietet sie eine große Zahl von Galerien und Ateliers, wo man am Puls der aktuellen Gegenwartskunst Entdeckungen machen kann. Und mit der Art Cologne und der Westdeutschen Kunstmesse finden zwei der wichtigsten Veranstaltungen des Kunstmarktes hier statt.
Für sportlich Interessierte bieten Hallen-, Frei- und Thermalbäder ausreichend Schwimmgelegenheiten. Außerdem können Reitsport, Angeln, Tennis, Radsport, Turnen, Fechten und Leichtathletik ausgeübt werden. Selbstverständlich lässt sich auch hier der Rhein mit Schiffstouren erkunden, besonders empfehlenswert sind die abendlichen Rundfahrten mit Live-Musik.
Der Bürgerstolz der Kölner, Erbe der großen, unabhängigen Vergangenheit der Stadt, ist noch heute in der Atmosphäre der Stadt spürbar. Was in Paris die Arrondissements sind, ist hier das »Veedel«, das Stadtviertel mit seinem Gefühl von Zusammengehörigkeit und seinen urigen Kneipen.
Nicht nur die Altstadt bietet eine bunte, abwechslungsreiche Gastronomie, man kann sich sein "Kölsch" schmecken lassen und die kulinarischen Kölner Spezialitäten probieren. 24 Brauereien haben ihren eigenen Ausschank, es ist ein Erlebnis eigener Art, die obergärige Spezialität frisch im typischen Glas vom "Köbes" serviert zu bekommen.
Gebraut werden darf das Kölsch übrigens nur im Umkreis von 40 Kilometern um die Stadt herum. Man müsse, heißt es, den Dom noch sehen können. Die Fußgängerzone um die Hohe Straße lässt keine Shopping-Wünsche offen, das berühmte Millowitsch-Theater oder die seit 1802 nicht mehr wegzudenkenden Stockpuppen des Hänneschen-Theaters laden zum Besuch, kurz, Köln ist weniger eine Stadt als ein Lebensgefühl, das wird jedem Besucher deutlich.
Besonderer Tipp: jeden zweiten Freitag gibt es im Sommer am Tanzbrunnen eine Erfahrung der ungewöhnlichen Art: mehr oder minder begabte Nachwuchssänger stellen sich einem gnadenlosen Publikum, zumeist geht es schief.
(Aus: »Der Romantische Rhein« von Thomas Krämer - Rhein-Mosel-Verlag)