rheinaufwärts nach Assmannshausen | rheinabwärts nach Niederheimbach |
Trechtingshausen
Das zu Füßen des Soonwaldes in der Nähe der romantischen Morgenbachtalmündung gelegene Weindorf Trechtingshausen hat viele romantische Gässchen zu bieten. Von verschiedenen Herrschern in Besitz genommen, hatte der Ort eine lebhafte und wechselvolle Geschichte. Davon erzählen auch die Reste der mittelalterlichen Wehranlagen, die früher den gesamten Ortskern umschlossen. Sie wurden um 1300 errichtet und 1670 nochmals verstärkt. Gut erhaltene Überbleibsel sind das Lohkauttor mit dem benachbarten Wehrturm am Rhein, sowie das Neutor am westlichen Ortsrand. In der Römerstraße markiert eine Hinweistafel den Standort des alten Clemenstores. Die Pfarrkirche St. Clemens stammt aus den Jahren 1823–25, enthält aber spätgotische Heiligenfiguren, die aus der alten Kirche gleichen Namens stammen. Diese liegt unterhalb der Burg Reichenstein unmittelbar am Rhein inmitten des Friedhofes. St. Clemens gilt als südlichster Bau der niederrheinischen Romanik, Anfang des 13. Jahrhunderts als dreischiffige Pfeilerbasilika errichtet, die durch ihre Schlichtheit, die schöne Lage und die unveränderte Erhaltung besticht. Funde legen nahe, dass hier schon seit dem 4. Jahrhundert eine Kirche stand. Sie ist flach gedeckt und hat einen achteckigen Turm. Das Chorgestühl stammt aus dem 16. Jahrhundert, weiter beherbergt sie einige Grabmale aus dem 15. und 17. Jahrhundert. Der hoch liegende Fußboden verrät den Nachteil der malerisch anmutenden Lage: Hochwassergefahr. Der Legende nach fand hier die Hinrichtung der Raubrittergeschlechter von Sooneck und Reichenstein durch Rudolf von Habsburg statt.
Der Ortskern mit seinen engen Stiegen und kopfsteingepflasterten Gassen vermittelt den wohltuenden Eindruck von Zeitlosigkeit. Schöne Fachwerkhäuser unterstützen das, so das Haus Kirchstraße 10, das 1664 erbaut wurde. In der Kirchstraße liegt auch das Museum für Ortsgeschichte und Heimatkunde mit einer interessanten Sammlung. Erwandern sollte man sich das Morgenbachtal, das mit seinen bizarren Felsformationen und der Aussicht vom 618 m hohen Franzosenkopf besonders pittoresk anmutet.
Zwei Burgen aber sind es, die Trechtingshausen umgeben, und beide sind mit allem Recht Berühmtheiten.
Zum Einen Burg Rheinstein, auf einen 90 Meter hohen, steilen Felsen über dem Rhein. Sie war die erste, die im Zuge der romantischen Burgenbegeisterung wieder aufgebaut wurde.
Das genaue Entstehungsjahr ist nicht bekannt, sie könnte um 900 als Zollstätte erbaut worden sein. Damals trug sie den Namen Vogtsburg. Kaiser Otto II. schenkte sie dem Erzbistum Mainz. Zwischen dem 11. und 12. Jahrhundert wurde sie zur Schutzburg ausgebaut. Rudolf von Habsburg saß hier zu Gericht über die Raubritter der Nachbarschaft. Er benannte die Anlage in Königstein um. Vom 14. bis zum 17. Jahrhundert wurde sie von Mainz als Lehen vergeben und wechselte so häufig den Besitzer. 1572 ging sie schließlich an Anton von Wiltberg, der sich dadurch finanziell übernahm. Nach und nach verfiel sie zur Ruine.
Am 31. März des Jahres 1823 hatte dieser traurige Zustand ein Ende. Friedrich Ludwig Prinz von Preußen erwarb die Ruine samt dem Felsen. 1825 bis 1829 erfolgte der Wiederaufbau, zuerst unter Leitung von Claudius von Lassaulx. Als dieser aber zu teuer baute und Schinkel sich einmischte, erhielt 1827 Lassaulx’ Schüler Wilhelm Kuhn die Bauleitung. Ludwig Pose aus Düsseldorf übernahm die Ausmalung der Räume. Wegen seiner imposanten Lage über dem Strom erhielt der Neubau den Namen Burg Rheinstein, er wurde der Lieblingsaufenthalt des Prinzen. Hier empfing er Gäste, so Königin Victoria von England und die Zarin Alexandra Feodorowna. 1844 entstand nach den Plänen von Philipp Hoffmann unterhalb eine Kapelle mit Grablege. 1902 erbte Prinz Heinrich von Preußen, der Bruder Kaiser Wilhelms II., die Burg. Dann kam sie in den Besitz der Familie seiner Frau, Irene von Hessen und Rhein. 1975 kaufte sie der Opernsänger Hermann Hecher, der sie in über 20-jähriger Arbeit renovieren ließ. Er musste die Burg mit einem Förderverein zusammen völlig neu einrichten. Das Ergebnis aber ist absolut sehenswert. Heute ist es auch möglich, dort in einer Ferienwohnung einen romantischen Urlaub zu verbringen, oder auch einen eigenen Rebstock im Burgwingert zu pachten.
Die andere ist Burg Reichenstein, auch Falkenburg genannt. Auch diese riesige Burganlage ist ein gutes Beispiel für den, diesmal geldadeligen, Wiederaufbau, nicht gerade historisch exakt, aber imposant.
Im Mittelalter betrieben die Ritter auf Reichenstein und der nicht weit entfernten Burg Sooneck das Metier der Raubritterei. In den Urkunden des Klosters Kornelimünster wurde die wohl im 11. Jahrhundert errichtete Burg 1213 erstmals erwähnt. In diesem Jahr übernahm Gerhard von Rheinbod die Verwaltung der Burg und tat sich im Ausplündern und Morden hervor. Nach dessen Vertreibung 1214 wurde Philipp von Bolanden sein Nachfolger, nachdem er einen Schwur abgelegt hatte, in dem er der Räuberei entsagte. Vorläufig kehrte Ruhe in der Burg Reichenstein ein. Doch schon 1241 nutzte Philipp von Hohenfels die Burg wieder in gleicher Weise. Um dem Raubrittertum endgültig ein Ende zu setzten, zerstörte ein Heer des Rheinischen Städtebundes 1253 das Anwesen, doch Philipp von Hohenfels baute es wieder auf, erweiterte die Burg sogar mit dickeren Verteidigungsmauern und weiteren Bauten und lebte weiter seiner Berufung. Auch der Verkauf der Burg an Mainz 1270 änderte nichts. Nach Philipps Tod 1277 wütete sein Sohn Dietrich von Hohenfels wenn möglich noch gewalttätiger und brutaler als sein Vater. Rudolf von Habsburg ließ in vierjähriger Belagerung die Raubritter aushungern und 1282 hinrichten, die Burgen Sooneck und Reichenstein zerstören. Neuer Besitzer wurde Pfalzgraf Ludwig der Strenge, dessen Söhne trotz Wiederaufbauverbots die beiden Burgen neu errichteten. 1344 wechselte Reichenstein in den Besitz des Erzbistums Mainz. Aber die Burg wurde militärisch uninteressant und nach dem Aussterben des Geschlechts von Reichenstein verfiel sie rasch. 1689 wurden die Reste von den Franzosen gesprengt. Der Torbau wurde 1834 von General von Barfus als Wohnung ausgebaut. 1899 erwarb der Baron Nikolaus Kirsch-Puricelli, Besitzer der Rheinböller Eisenhütte, die Burg und ließ sie vom Architekten Strebel großzügig wiederherstellen. In der Burg befinden sich 1200 Jagdtrophäen aus 4 Kontinenten, Waffen, Rokoko-Porzellan, Möbel des 16.–19. Jahrhunderts und, man bedenke den Beruf der Burgherren, die größte Taken- und Ofenplatten-Sammlung in Rheinland-Pfalz. Die Burgkapelle enthält einen Altar aus dem 16. und eine Pieta des 15. Jahrhunderts. Darüber hinaus beherbergt die Burg ein Schlosshotel.
In Trechtingshausen gibt es auch ein Museum für Ortsgeschichte, Heimatkunde und Weinbautradition zu besichtigen. In der Freizeit bietet sich auch der Besuch des Freibades an und man kann Angeln und Minigolf spielen.
Wichtige Adressen
Burgverwaltung Burg Reichenstein, 55413 Trechtingshausen
Telefon: 06721/6117 oder 6101
Fax: 06721/6198
Burg Rheinstein
Familie Hecher, Burg Rheinstein, 55413 Trechtingshausen.
Burg Telefon: 06721/6377
Fax: 06721/6659
Burggaststätte Tel.: 06721/6348
(Textfassung aus »Der romantische Rhein« von Thomas Krämer, © Rhein-Mosel-Verlag)