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Rhens
Brey war schon zu Römerzeiten besiedelt, weist aber auch Funde aus der Jungsteinzeit auf, vor allem Silexartefakte wie Spitzen, Schaber, Klingen, Faustkeile und Behausteine. Am Tauberbach wird der Standort eines römischen Kastells vermutet. In der »Talheck« sind Reste der römischen Wasserleitung erhalten, die in einer Tiefe von ca. 4,50 m durch Schieferstein gebrochen wurde und bis heute noch Wasser führt. Die älteste Urkunde stammt aus dem Jahre 821. Eine Kapelle in Brey wurde erstmals 1280 erwähnt. Die heutige, moderne Kapelle enthält noch den Chor des 14. Jahrhunderts, einige beachtenswerte Ausstattungsstücke und Malereien des 15. Jahrhunderts. Auch hier finden sich schöne Fachwerkhäuser.
Die alte B 9 führte früher den gesamten Verkehr mitten durch Rhens. Heute leitet die Umgehungsstraße den Durchgangsverkehr vorbei, ein großer Vorteil für die sehenswerte Bausubstanz. Nur darf man nicht vergessen, abzufahren, denn der Besuch lohnt sich in vielfältiger Weise.
Rhens ist umgeben von ausgedehnten Wäldern. Im 7. Jahrhundert gegründet und 874 erstmals urkundlich erwähnt, sind Tore, Türme, Stadtmauer und -graben aus dem 14. Jahrhundert erhalten. Die strategische Lage zwischen den Erzstiften Mainz und Trier und dem kurpfälzischen Braubach wurde genutzt, um hier 1273 die Vorbesprechungen zur Wahl Rudolfs von Habsburg zum Kaiser abzuhalten. 1308 kam es zu einem erneuten Treffen der Fürsten, und auch 1313/ 1314. Am 16.07.1338 wurde die Unabhängigkeit des Königs vom Segen des Papstes beschlossen, was als »Kurverein zu Rense« in die Geschichte einging. 1346 kürte man hier Karl IV. zum Gegenkönig, aber Rhens konnte sich nicht gegen den eigentlichen Wahlort Frankfurt durchsetzen.
Quasi zum Trost wurde ab 1398 ein »steynen gestuel« errichtet, der Königsstuhl. Hier wurde mit Ruprecht von der Pfalz 1400 aber nur einmal ein König gewählt, spätere machten im 15. Jahrhundert immerhin Station auf ihrem Weg zur Krönung in Aachen. Das heutige Bauwerk ist ein Wiederaufbau von 1842, da das Original 1805 unter französischer Besatzung abgebrochen wurde. Zudem wurde es von den Rheinwiesen erst 1929 auf die Anhöhe nahe der Straße nach Waldesch versetzt.
Dennoch, der nicht verwirklichte Traum beschäftigte die national fühlenden Dichter und Maler, und 1871 noch sah Martin Greif in seinem Gedicht »Der Königsstuhl zu Rense« den neuen Kaiser dort im Kreis der Fürsten vereint.
Wohltuend unpathetisch hingegen sieht es, wer wohl, Freiligrath angesichts des Wiederaufbaus:
Neu gebaut beim alten Rhense
Steht der Wahlstuhl wiederum,
Aber Enten, ach! und Gänse
Weiden schnatternd drum herum.
Wo einst Wahlen hielt das Wahlreich
Und der Reichsaar trotzig schrie,
Dorten, feierlich und zahlreich,
Gras’t nun zahmes Federvieh.
Ach! und aus den Weidenbüschen
Eilt kein Kurfürst muth’gen Schritts;
In den sieben hohen Nischen
Leer und öde jeder Sitz!
Dennoch freut es, ihn zu schauen,
Stattlich, wie er vormals stand,
Als aus nah’ und fernen Gauen
Deutschland Boten ihm gesandt;
Als man Kampf berieth und Schlachten
Hier im offnen Steingemach,
Und geschickt mit selbstgemachten
Kön’gen spielte hohes Schach;
Als in’s Banner schwarzrothgolden
Frisch und frei der Rheinwind blies;
Als man einen Trunkenbolden
Nach Verdienst vom Throne stieß.
Fauler Wenzel! Nimmer sehnen
Wir uns heut nach dir zurück!
Auch am Königsstuhl zu lehnen
Däucht uns kein besonder Glück!
Unterdessen, da bei Rhense
Er zu schaun ist wiederum,
Nehmen willig, trotz der Gänse,
Wir ihn als Augurium;
Als ein Zeichen, uns zum Frommen
Aufgericht’t am Rheinesstrand:
Daß du wirst zu Stuhle kommen
Sonsten auch, o deutsches Land!
Sehenswert ist in Rhens aber viel mehr. Die Reste der Stadtmauer mit drei erhaltenen Toren und dem Scharfenturm, einst Marterort für »Hexen«. Daneben steht in schönstem Fachwerk das Hotel Königsstuhl aus dem 18. Jahrhundert, erbaut von einem Mitglied der Künstlerfamilie Kügelgen. Wilhelm von Kügelgen schildert in seinem einstigen Bestseller »Lebenserinnerungen eines alten Mannes« auch Rhens anschaulich. Fachwerkhäuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert prägen das Stadtbild. Besonderer Höhepunkt dabei ist das Alte Rathaus, zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert in seiner heutigen, überwältigenden Detailfülle errichtet. Die alte Pfarrkirche St. Dionysius auf ihrem Hügel über der Stadt stammt im Kern aus dem 13., Langhaus und Chor aus dem frühen 16. Jahrhundert. Ihre Ausstattung ist weitgehend barock. Die neugotische Pfarrkirche St. Theresia ist ein Werk des frühen 20. Jahrhunderts. Rhens verfügt über eine kohlensäurehaltige Mineralquelle, den Rhenser Mineralbrunnen.
(Textfassung aus »Der romantische Rhein« von Thomas Krämer, © Rhein-Mosel-Verlag)